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Volumen und Frequenz für Muskelaufbau



Volumen und Frequenz spielen im Kraftsport eine große Rolle, gerade wenn man versucht, maximalen Muskelaufbau zu erzielen. Da die beiden Faktoren sehr individuell sein können, gibt dieser Blogartikel keine genauen Vorgaben, sondern ermöglicht dir vielmehr die perfekte Lösung für dich selbst zu ermitteln. Dabei orientieren wir uns anhand neuester Studien und Erkenntnisse der Wissenschaft.


Im ersten und wahrscheinlich wichtigsten Schritt müssen wir eine Definition von Volumen festlegen. Volumen kann man in Sätzen, Wiederholungen, bewegtes Gewicht, TUT (time under tension) und in vielen anderen Maßeinheiten zählen. Die im Hinblick auf Hypertrophie einzig sinnige Definition von Volumen sollte sein, wie wir Kontraktionen zählen. Dabei sind nicht alle Kontraktionen gleich. Es können also nur Kontraktionen gezählt werden die unter viel mechanischer Spannung stattfinden. In diesem Kontext ist Volumen nichts anderes als stimulative Wiederholungen. Wenn du zu diesem Thema fragen hast, lege ich dir meinen vorangegangenen Blogartikel über mechanische Spannung ans Herz. Ganz vereinfacht gesagt, reden wir bei den stimulativen Wiederholungen von den letzten 5 Wiederholungen eines Satzes ans Muskelversagen. Diese weisen hohe mechanische Spannung auf und sind daher relevant für Muskelaufbau.

Das einzige, was wir also zum Volumen zählen, sind stimulative Wiederholungen. Bei einem Satz ins Muskelversagen zählen wir 5 stimulative Reps. Dabei ist es egal, ob dieser Satz mit 5 Wiederholungen ans Versagen geführt wurde - oder mit 20.

Wir brauchen also ein bestimmtes Volumen an stimulativen Wiederholungen, die Frage ist nur wieviel?

1 Satz ins Muskelversagen erhöhte in Probanden die myfiobrillare Proteinsynthese (MYOPS) für bis zu 29 Stunden.

3 Sätze ans Muskelversagen erhöhten die MYOPS sogar um bis zu 130% , für über 29 Stunden.

Man könnte meinen, umso mehr Sätze wir ans Versagen ausführen, desto größer wird auch der Hypertrophie Reiz ausfallen. Vergleicht man aber z.B. 12 Sätze mit 8 Sätzen, so sieht man, dass die zusätzlichen Sätze nur einen kleinen Anstieg in der MYOPS verursachen, aber für den tatsächlichen Muskelaufbau keine Vorteile mit sich bringen.


Ganz im Gegenteil: das bedeutet nämlich, dass die 12 Sätze mehr Muskelkeschaden verursachten jedoch keinen zusätzlichen Muskelaufbau. Wir stellen also fest, dass Volumen einen effektiven Bereich hat.

Das Plateau, bei dem mehr Volumen keinen weiteren Hypertrophie Reiz setzt, tritt nach aktueller Datenlage höchstwahrscheinlich zwischen 4-6 Sätzen für eine Muskelgruppe pro Workout auf. Tatsächlich zeigen die Daten, dass in manchen Individuen mehr als 6-8 Sätze ans Muskelversagen sogar eine Regression auslösen. Das liegt höchstwahrscheinlich daran, dass die vielen Sätze zu viel Muskelschaden verursachen. Auch heute wird noch oft behauptet, Muskelschaden/ metabolischer Stress sei ein Auslöser für Hypertrophie. Wissenschaftliche Daten widerlegen dies nicht nur, aktuell sieht es sogar danach aus, dass die genannten Faktoren Hypertrophie maßgeblich beeinträchtigen können. Unter anderem kann ein Muskel, der noch repariert wird keinen Hypertrophie Stimulus erfahren. Außerdem beeinträchtigt Muskelschaden die Fähigkeit des Körpers die Muskelfasern nach einem Training mit Glykogen zu versorgen, selbst wenn durch die Nahrung Kohlenhydrate aufgenommen werden. Diese Verzögerung kann bis zu 10 Tage nach einem Training anhalten und die Leistung in folgenden Trainings limitieren. Es ist also sinnvoll, Muskelschaden bzw. metabolischen Stress so gering wie möglich zu halten um maximale Hypertrophie zu erreichen. Auf dieses Thema werde ich spezifischer in einem anderen Blogartikel eingehen. Wichtig ist aber festzuhalten: Muskelschaden/ metabolischer Stress kann Leistung und Muskelaufbau limitieren.

Für die meisten scheinen also 4-6 Sätze ans Versagen (angewendet auf vorher angesprochene effektiven Reps, also ca. 25 stimulative Wiederholungen) pro Training den Muskelaufbau zu maximieren.

Verändert sich die optimale Satzanzahl mit dem Trainingslevel des Probanden?

Tatsächlich nicht. Entgegen der häufigen Erwartung, müssen Fortgeschrittene nicht mehr Volumen absolvieren als Trainingsanfänger. Im Zweifel sogar gegenteilig. Training ans Muskelversagen ist in der Theorie einfach - in der Praxis jedoch gerade für Anfänger oft schwer umzusetzen. Oft bricht man den Satz aufgrund von zu starken brennen (Laktat im Muskel) oder durch kardiovaskuläres Versagen ab. Folglich müssen Fortgeschrittene tendenziell sogar weniger Sätze absolvieren.

Wenn man nur so „wenige“ Sätze pro Training durchführen muss, wie oft sollte man den Muskel in der Woche trainieren?

Lange Zeit ging man davon aus, dass eine höhere Frequenz ermöglicht, einen höheren Hypertrophie Reiz zu erzielen. Da die myofibrillare Proteinbiosynthese aber über einen längeren Zeitraum erhöht ist als früher angenommen, ist diese Annahme mittlerweile widerlegt. Auch in Studien zeigte sich, dass wenn das Volumen angepasst wurde, eine höhere Frequenz, sprich den Muskel 2x oder 3x die Woche zu trainieren, wahrscheinlich keinen Vorteil gegenüber dem einmaligen Training mit sich bringt. Selbst wenn eine höhere Frequenz den Muskelaufbau begünstigen sollte, was nach aktueller Datenlage sowieso nur einen minimalen Effekt darstellen dürfte, so ist die Wahrscheinlichkeit als Trainierender seine regenerativen Fähigkeiten zu überschreiten und damit Fortschritt einzuschränken statt zu erweitern ziemlich hoch. Oft haben Sportler die Befürchtung bei einer niedrigen Frequenz Muskeln zu verlieren. Diese ist aber unbegründet. Es stimmt zwar, dass Muskeln schnell zum Abbau neigen, doch ein Erhaltungsreiz kann selbst an Trainingstagen gesetzt werden, an dem die betroffene Muskelgruppe überhaupt nicht trainiert wird. So kann z.B. ein Satz Schulterdrücken, bei dem du dich mit den Beinen in den Boden drückst (um die Spannung zu halten) ausreichen, um den Muskelabbau der Oberschenkel-Muskulatur zu verhindern. Um Atrophie zu vermeiden, reicht oft schon "passive" Belastung/ Training aus. Alles in Allem kann man sagen, dass Frequenz einer der individuellsten und damit am schwersten zu bestimmenden Faktoren ist. Aber auch hier gilt - lieber zu wenig als zu viel. Eine zu hohe Trainingsfrequenz kann deinen Muskelaufbau stark beeinträchtigen. Generell scheint es aber am sinnvollsten, eine Muskelgruppe nur alle 3-7 Tage zu trainieren um maximale Hypertrophie zu erreichen.

Volumen und Frequenz können trotzdem sehr individuell sein. Hier ein paar Punkte die die beiden Parameter beeinflussen können:


  1. Pausenzeiten: kurze Pausenzeiten (>2-3min) sorgen dafür, dass man in den folgenden Sätzen nicht die maximale Anzahl an Muskelfasern rekrutieren kann, was unter anderem eine maximale mechanische Spannung verhindert und somit den Hypertrophie Reiz mindert. Das ist auch der Grund, warum so viele Studien zu diesem Thema in die Irre führen können. In diesen Studien werden extrem kurze Pausenzeiten verwendet und somit der Reiz pro Satz stark geschmälert. Dies sorgt wiederrum dafür, dass mehr Sätze bessere Ergebnisse liefern. Vergleicht man aber viele Sätze mit kurzen Pausenzeiten mit wenigen Sätzen mit langen Pausenzeiten, so zeigen wenige Sätze konstant höheren Muskelaufbau.

  2. Übungsauswahl: Vergleichen wir z.B. freie Gewichte mit Training an Maschinen. Die Maschinen ermöglichen es uns oft näher ans Muskelversagen zu trainieren (höhere Stabilität, weniger Verletzungsgefahr etc). Müssen wir also den Satz vor dem Muskelversagen abbrechen, brauchen wir tendenziell mehr Sätze um die 25 effektiven Wiederholungen zu erreichen.

  3. Falsche Selbsteinschätzung: Wie oben schon angesprochen, können gerade Anfänger Probleme haben „richtiges Muskelversagen“ zu erreichen bzw dieses falsch einzuschätzen. Somit vermindert sich auch hier oft die Anzahl an effektiven Wiederholungen pro Satz.

  4. Individuelle Regenerationskapazitäten: Die Unterschiede in der Erholungsfähigkeit können sehr unterschiedlich sein. Während ein Sportler einen Muskel ohne Probleme alle 4 Tage trainieren kann, kann ein anderer erst alle 7 Tage völlig regeneriert denselben Muskel trainieren. Das kann z.B. an unterschiedlicher Schlafqualität oder Ernährung, Alltagsaktivität bzw. einfach an der Genetik liegen.

  5. Unterschiede zwischen den Muskelgruppen: Auch wenn die Unterschiede im Volumen zwischen den einzelnen Musklegruppen nur gering ausfallen, so kann man doch Aussagen darüber treffen. Wie viel eine bestimmte Muskelgruppe verträgt, hängt davon ab, wie sehr ein Muskel zu Muskelverletzungen neigt. Dies wird von 3 Faktoren bestimmt: Möglicher Aktivierungsgrad, Fasertyp und die Sarkomerlänge. Da diese aber wirklich nur minimale Unterschiede darstellen, lohnt es sich in den meisten Fällen nicht, sich viele Gedanken darüber zu machen. Gerade aber Bizeps, Trizeps, Brust und die Hamstrings sollten tendenziell weniger frequent und mit niedrigerem Volumen trainiert werden, da diese einen besonders hohen Aktivierungsgrad aufweisen und damit leicht zu Muskelschaden neigen. Andernfalls können z.B. Quadriceps und Waden eher hochfrequent trainiert werden, da sie weniger leicht Muskelschaden erfahren.

  6. Training in verschiedenen Muskellängen: Übungen, die gerade in der Dehnung anspruchsvoll sind, sorgen in den meisten Fällen für stärkere Ermüdung u.a. Muskelschäden als solche, die die verkürzte Position betonen. So muss also gegebenenfalls auch hier das Volumen angepasst werden.

  7. Lange Trainings/ hohe Wiederholungbereiche: Wie wir wissen können alle Sätze ans Muskelversagen zwischen 5-30 Wiederholungen denselben Hypertrophie Reiz setzen. Höhere Wiederholunsbereiche sorgen aber für mehr Ermüdung. Somit kann sich also auch hier die Anzahl an rekrutierten Muskelfasern und damit effektiven Wiederholungen pro Satz reduzieren. Auch besonders lange Trainings können denselben Effekt haben.

  8. Zielmuskel wird nicht zum limitierenden Faktor: Wenn z.B. in einem Satz Latziehen die Unterarme vor der Rückenmuskulatur versagen, kriegt diese natürlich durch einen verfrühten Abbruch des Satzes weniger Stimmulus durch weniger effektive Wiederholungen ab.

  9. Zu schnelle Kontraktionen: Um die meiste mechanische Spannung zu erfahren müssen gegen Ende des Satzes die Kontraktionen immer langsamer werden. Das liegt an der Kraft/ Geschwindigkeitskurve. Muskelfasern können nur bei langsamen Kontraktionsgeschwindigkeiten maximale Kraft erfahren, denn sie ermöglichen es den einzelnen Fasern simultan mehr Aktin-Myosin Querbrücken zu formen und damit mehr Kraft zu entwickeln. Langsame Kontraktionen und eine, durch die mit der Nähe zum Muskelversagen einhergehende Ermüdung, maximale Muskelfaserrekrutierung sind die beiden Faktoren die maßgeblich bestimmen wie viel mechanische Spannung und damit Muskelaufbau entsteht.

Wie kann ich das gelernte auf mein Training übertragen?

Da Volumen und Frequenz sehr individuell sind, ist es schwer, allgemeine Aussagen zu treffen. Für die meisten Sportler macht es aber Sinn, zwischen 4-6 Sätze pro Muskelgruppe in einem Training, ans Versagen zu gehen. Dieselbe Muskelgruppe kann dann alle 3-7 Tage (abhängig von oben genannten Faktoren) wiederholt trainiert werden. Bei beiden Parametern gilt aber nach aktueller Datenlage: Im Zweifel lieber weniger als mehr.


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PMID: 31268828

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